Mit dem Velo in Basel unterwegs- ein Gespräch mit Esther Keller, Regierungsrätin des Kantons Basel-Stadt

Esther Keller ist die erste Grünliberale in einer Kantonsregierung. Seit 2021 ist sie Teil des Regierungsrats des Kantons Basel-Stadt. Sie leitet das Bau- und Verkehrsdepartement, das vielfältige Aufgaben im Bereich Planung, Bau und Unterhalt der Infrastrukturen im Kanton übernimmt. Vor ihrer Wahl in die Regierung war Esther Keller erst Journalistin, danach bei Novartis und später als selbständige Autorin, Moderatorin und Kommunikationsberaterin tätig. Sie fährt ein Citybike von „Siech“.  

Die meisten grossen Städte werden heute sehr umweltbewusst regiert. Ist die Benutzung des Velo politisches Programm, oder persönliche Überzeugung von Ihnen?

Beides. Das Velo ist in einer Stadt wie Basel schlicht das sportlichste und beste Fortbewegungsmittel, das mich schnell von A nach B bringt. Auf politischer Ebene liegt mir viel daran, die Mobilität stadtverträglich und umweltfreundlich weiterzuentwickeln. Wenn der Verkehr weniger Raum einnimmt, bleibt mehr Platz für Begegnungen und Stadtgrün.

Nutzen Sie das Velo auch privat und wenn ja, was sind Ihre bevorzugten Nutzungsfelder? 

Ja klar, gilt das auch für die Freizeit. Ich fahre gerne auch weitere Strecken, dann brauche ich einfach ein T-Shirt zum Kleiderwechseln bei der Ankunft. Am Wochenende gehe ich auch gerne biken, wobei ich da eher sehr «basic» unterwegs bin. Mal ein Single-Trail, aber ich zähle ganz sicher nicht zu den mutigsten Downhillbikerinnen.

Basel ist sehr aktiv im Bereich der 2Rad-Förderung. Wenn Sie heute ein Szenario in, sagen wir, 20 Jahren beschreiben müssten: wie wird es dann in Basel aussehen?

Bezüglich Veloinfrastruktur haben wir im Kanton Basel-Stadt in den vergangenen Jahren viel verbessert, aber es braucht noch mehr. Die Zahl der Velofahrenden nimmt stetig zu. Das Tempo, mit dem sie unterwegs sind, hat mit den E-Bikes auch zugenommen. Und mit den Cargobikes nimmt auch die Fläche, die sie brauchen, zu. Darauf müssen wir mit breiteren und durchgängigen Velowegen und grösseren Abstellflächen reagieren, damit sich künftig noch mehr Menschen fürs Velo entscheiden.

Wo liegen Ihrer persönlichen Überzeugung die Kernpunkte einer sinnvollen Städtischen Verkehrspolitik?

Anders gefragt, gibt es ein allgemein gültiges Rezept Städte sind sehr dicht und um jeden Quadratmeter wird gerungen. Die einen möchten Grünflächen, die anderen Boulevardrestaurants und wieder andere Verkehrsflächen. Das heisst in der Konsequenz, dass wir Fortbewegungsmittel, die «flächeneffizient» sind, also die wenig Fläche beanspruchen und dennoch viel Menschen fortbewegen können, fördern. Wichtig ist zudem, dass die Fortbewegung möglichst klimaneutral geschieht. Es kommt hinzu, dass wir heute schon so planen müssen, dass die geplanten zusätzlichen Arbeitsplätze und Wohnungen in Basel gut erschlossen sind – und dass Basel trotz Wachstum attraktiv bleibt und nicht im Verkehr versinkt. Ich denke, diese Punkte ähneln sich in vielen Städten. Klimafreundliche Antriebstechnologien sind dafür ebenso notwendig wie Quartierplanung, die kurze Wege ermöglicht. Zudem müssen wir die Chancen, die sich aus Digitalisierung und Innovation ergeben, konsequent nutzen.

Wie wichtig ist Ihnen Ihr Velo? 

Ich trage Sorge zu den Dingen, die ich habe, und behalte sie lange – auch im Sinne der Nachhaltigkeit. Das ist bei meinem Velo nicht anders.

Haben Sie schon einmal ein Rad gewechselt oder sonst eine kleine Reparatur selbst vorgenommen?

Ja, sicher, grad beim Biken muss man das manchmal – leider – tun. Bei einer Tour hatte ich sogar zweimal einen Platten, weil ich eine Scherbe im Reifen übersehen habe.

Als Regierungsrätin sind Sie eine Person des öffentliches Interesses. Können Sie sich auf dem Velo genügend abgrenzen? 

Das ist gar nicht das Ziel. Im Gegenteil: Auf dem Velo komme ich erstaunlich häufig mit anderen Menschen ins Gespräch, beispielsweise bei roten Ampeln. Genau das schätze ich am Velofahren und zu Fuss gehen. In einem Auto wäre das nicht möglich.  

Noch eine prophetische Frage: wie wird sich die Mobilität in Zukunft nach Ihrer Einschätzung verändern? 

Ich denke Sharing-Angebote und «Mobility as a Service» – also die gesamte Reisekette als eine Dienstleistung, unabhängig vom Verkehrsmittel – werden so bequem, so einfach in der Nutzung und so preiswert sein, dass der Besitz eines eigenen Autos praktisch überflüssig wird, ja geradezu absurd. So absurd wie die Vorstellung ein eigenes Tram zu besitzen, weil man hin und wieder Tramfahren will.

Sind Sie mit dem Velo schon einmal bei Rot über die Kreuzung gefahren? 

Sagen wir, es war dunkelgrün…

Zum Velomarkt: heute gibt es hunderte verschiedene Marken, tausende Anbieter und etliche Duzend verschiedene Fahrradtypen vom Mountain – bis zum Citybike. Wie beurteilen Sie diesen enormen Boom? 

Es freut mich natürlich, wenn sich die Velobranche gut entwickelt. Die Vielseitigkeit der Angebote und Modelle trägt zur Attraktivität bei und hilft uns dabei, unsere Verkehrsziele zu erreichen, die übrigens gerade in Basel immer wieder von der Stimmbevölkerung bestätigt werden.

mehrere Velostorys