E-Bike to Ski – Zustieg leicht gemacht 

Wenn in den Tälern bereits der Frühling Einzug hält, oder wie in diesem Jahr der Winter auf sich warten lässt, herrschen in den höheren Lagen oft ideale Bedingungen für Skitouren. Und anstatt mich über den langen Zustieg zu ärgern, nutze ich das E-Bike als perfekte Zustiegshilfe. Natürlich geht das Konzept auch ohne E-Unterstützung, doch mit 15 Kilo Ausrüstung, Proviant, Skiern und Skischuhen am Rucksack, bremst mich die Schwerkraft auf steilen Forstwegen auf Wandertempo zurück. Da kommt das E-Bike gelegen, dank der Power des Antriebs bin ich nicht schon ausser Puste, wenn ich auf die Skier umsteige. Somit liegen auch etwas längere Aufstiege und spassigere Abfahren drin. 

Eine meiner Lieblingstouren, die maximales Panorama verspricht, startet in Vaduz, dem Hauptort des Fürstentums Liechtenstein auf rund 500 Metern. Zwischen Österreich und der Schweiz am rechten Rheinufer gelegen, liegt die Monarchie mitten im europäischen Alpenbogen und bietet auch eine eindrückliche Gebirgswelt. 

Skier und Ski-Schuhe an den Rucksack geschnallt, geht’s beim ersten Tageslicht los. Eines ist klar: Im Vergleich zur Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder Auto verlängert das E-Mountainbike das eigentliche Abenteuer, denn bereits die Anfahrt auf dem E-Bike vermittelt ein Gefühl von Freiheit. Auf der ausgeschilderten Mountainbike-Route geht es steil in Richtung Triesenberg. Fernab des motorisierten Verkehrs führt die Route durch einen alten, schmalen Tunnel. 

Auf der Nordseite des Tunnels, bin ich auf einem Schlag im Winter angekommen. Tausend Höhenmeter habe ich schon geschafft und erst hier, ab der kleinen Ortschaft Steg, geht der eigentliche Zustieg los. Bis hierhin hätte man nämlich auch den Linienbus nehmen können. 

Ab Steg radle ich auf rund 1300 Meter ins Tal hinein in Richtung Alp Valüna. Das E-Mountainbike bezwingt mit den breiten Reifen den wenigen Schnee auf dem Winterwanderweg problemlos. Durch den niedrigen Schwerpunkt des Bikes liegt dieses stabil auf dem Boden, was zusätzliche Sicherheit verschafft. 

Hinten im Tal ist es Zeit, das Rad stehen zu lassen, denn der Batteriestatus im Display zeigt an, dass nur noch wenige Wattstunden für die Fahrt zurück nach Vaduz übrig sind. Es gilt deshalb: Skier anschnallen!

Mein Tagesziel heisst Rappastein, ein Gipfel auf 2221 Meter gelegen. Der Gipfel thront majestätisch über dem Rheintal und versprach bereits früh morgens aus Vaduz ein episches Panorama.

Der Rucksack fühlt sich ohne Ski und Skischuhe fast schon leicht an und beschwingt laufe ich los, der Sonne entgegen. Bis zur Alp Gapfohl geht’s auf der zugeschneiten Kiesstrasse gemächlich vorwärts, doch ab hier geht es im Zickzack bis zum Grat die Rappasteinhalda hinauf. Das Lawinenrisiko ist heute «gering» gemeldet, trotzdem ist eine vorsichtige Routenwahl angebracht. 

Die Aussicht vom Grat lässt mich Innehalten und für einem Moment andächtig verweilen. Das Rheintal liegt 1500 Meter unter mirund die Sicht reicht von Säntis bis zum Bodensee. Die Schlüsselstelle der Tour steht nun unmittelbar bevor. Für einige Meter heisst es Skier wieder an den Rucksack binden und am Fix-Seil eine steile, kurze Wand hinauf stapfen.

Technisch ist dies keine grosse Sache, doch etwas Mut braucht es schon und auch Höhenangst wäre hier fehl am Platz. Schnell sind die Skier wieder an den Füssen und nur den Gipfelhang gilt es noch zu bewältigen vor der verdienten Rast am Gipfelkreuz.

Die Abfahrt beschert mir schöne Schwünge im Firn, mit Blick ins Tal, wo andere Menschen gleichzeitig auf dem Rheindamm Radfahren und Inlineskaten. Bei der Schlüsselstelle ziehe ich die Skier nochmals schnell aus und bezwinge sie sicher zu Fuss.

Nun gilt es nochmals zu geniessen, was der Tag skitechnisch zu bieten hat. Viel zu schnell bin ich wieder zurück beim E-Bikes und mache mich auf den Rückweg. Bei der Alp Valüna geniesse ich nochmals die Sonne im Gesicht inmitten der alpinen Bergwelt und nutze die Gelegenheit, um die Steigfelle zu trocknen. 

Ich war den ganzen Tag unterwegs und bin lange an der Sonne sitzengeblieben. Dem Bach entlang bis nach Steg hat es bereits Schatten und ich fühle mich kurz wie im Gefrierschrank. Doch nach dem Tunnel lacht zum Glück schon wieder die Sonne, sodass die Abfahrt zurück nach Vaduz auf dem E-Mountainbike zum Genuss wird. Das Abenteuer «E-Bike to Ski» bedeutet für mich mir eine grosse Dosis Freiheitsgefühle und ein intensives Naturerlebnis. Die «Allzweckwaffe» E-Mountainbike ist der ideale Zubringer für meine Entdeckungstoren, warum eigentlich nicht auch im Sommer beim Wandern?

ACHTUNG:

Skitouren erfordern Erfahrung und eine umfassende Information. Für Ungeübte empfiehlt es sich einen Bergführer zu buchen. 

Author: Nathalie Schneitter, E-Mountain Bike Weltmeisterin 2019 – Nathalie Instagram

Fotocredit: Marco Tribelhorn

mehrere Velostorys